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Ääähhhäääää äää...

Ihr versteht mich nicht? Achso... klar! Wie solltet ihr auch, wo ich doch meine ganz eigene Sprache habe. Also - das hiess ebend: "Hallihallo, schön, dass ihr hier mal gucken kommt!" 

Eigentlich finde ich es ja völlig langweilig, immer wieder die Geschichte zu erzählen, warum bei mir alles so ist, wie es ist. Es ist ebend so! Und ich finde es gut, dass sich hier auf meinen Seiten fast alles mal nur um die wirklich schönen und ganz wichtigen Dinge in meinem Leben dreht: um das Spielen - wovon ich nie genug bekommen kann, und um Kommunikation - die ist schon wichtig, damit ich auch bekomme, was ich will. Aber ein paar langweilige Sachen muss ich euch wohl doch noch über mich erzählen, sonst kapiert ihr hier nämlich gar nichts!

Im April 2000 bin ich 4 Jahre alt geworden. Zu meiner Familie gehören außer mir mein immerzu arbeitender Papa, meine meistens am Computer sitzende Mama und meine kleine Schwester Clara, die erst 3 Jahre nach mir auf die Welt kam und schon allein deshalb noch ein Baby ist - auch wenn sie schon genauso viel kann wie ich. Manches kann sie sogar besser, und ich frage mich oft, wie sie das wohl macht. Wir wohnen übrigens ganz oben im Norden kurz vor der dänischen Grenze, aber meine Mama meint, wenn es um moderne Ansichten, Therapien etc. geht, hätte sie oft das Gefühl, am Ende der Welt zu leben. 

Ich hatte es eilig und kam 4 Wochen zu früh auf die Welt. Trotz unkomplizierter Geburt und bestem Apgar hatte ich leichte Startschwierigkeiten: das Trinken fiel mir schwer, und deshalb bekam ich 2 Wochen lang Sondenmilch. Danach schien ich mich aber bestens zu entwickeln. Allerdings hatten meine Eltern das Gefühl, ich würde durch sie hindurchschauen und nicht auf sie, sondern nur auf Spielzeug reagieren. Auch fiel es mir sehr schwer, meinen Kopf allein zu halten. Ich fand das alles nicht dramatisch, und meinen Eltern wurde oft gesagt: macht Euch nicht verrückt, sie entwickelt sich doch prächtig... Mit 7 Monaten begannen dann aber die Ärzte, mich genauer anzuschauen, doch nach wie vor waren sie einigermaßen mit mir zufrieden... Inzwischen habe ich alle möglichen Untersuchungen ohne wegweisende Ergebnisse hinter mir, man vermutet nun, ich könnte einen seltenen Chromosomendefekt, das Angelman-Syndrom, haben. Und meine Eltern sagen jetzt oft, sie hätten sich inzwischen damit abgefunden, daß ich immer schwer behindert sein werde. Behindert? Was heisst das denn nun wieder!

Sie sagen aber auch, ich sei ein besonders fröhliches und hübsches Mädchen. Sprechen wie ihr kann ich nicht, aber ich verstehe einige Worte, kann sehr gut krabbeln und schon ganz schön viele Meter alleine laufen, wenn mir jemand beim Starten hilft und mich hinterher auffängt. Laufen ist eigentlich viel einfacher als stehen, habe ich inzwischen festgestellt. Ich habe eine schöne blaue Brille, die mir Clara immerzu klaut, und der Doktor sagt, ich habe auch eine leicht hypoton-ataktische Bewegungsstörung und eine geistige Behinderung. Ich gehe in den Kindergarten - da habe ich viele Freunde - und seit ich meinem quitschgelben Rollator habe, kann ich mich dort auch endlich überall ganz allein umsehen, das ist toll! Nachmittags muß ich manchmal zur Krankengymnastik. Besonders doof finde ich, daß ich nicht sprechen kann, denn ich hätte viel zu sagen. Ich versuche es auch, aber es kommen nur Laute und keine Wörter heraus. Naja, viele Dinge kann ich auch mit Zeigen, Lachen oder Schreien ausdrücken. Meine Mama bemüht sich jetzt aber, mir mit Unterstützter Kommunikation eine Möglichkeit zu geben, mich noch besser mitteilen zu können. 

Ich glaube, ihr wißt jetzt eine ganze Menge über mich, vielleicht noch ganz kurz meine "Meilensteine": mit 8 Monaten Drehen, mit 13 Krabbeln, mit 14 zum Stand hochziehen, mit 18 Sitzen, kurz darauf erste Schritte an der Hand, mit gerade 4 Jahren freies Laufen (noch unsicher) mit Starthilfe und Auffangen. 

Neues von Meta

Meinen Rollator brauche ich jetzt nicht mehr - Kinderkram, jetzt bin ich gross! Ich habe laufen gelernt! Allerdings brauche ich ganz ebenen Boden, eigentlich geht es nur drinnen so richtig. Den Helm trage ich immer noch. Zwar ist auch mein Fallen viel besser geworden, aber ab und zu gehts eben doch noch daneben, und ich falle mit voller Wucht auf den Kopf. Im Moment übe ich gerade, aus dem Stand ohne Hilfe auf den Boden zu kommen, klappt schon richtig gut, und danach werde ich dann das Aufstehen aus der Hocke lernen... und dann... 

Weil ich draussen noch nicht alleine laufen kann und mich das Laufen auch sehr anstrengt, denn ich muss mich ständig aufs Gleichgewichthalten konzentrieren, habe ich zu Weihnachten einen Rolli (Rollstuhl) bekommen, den ich richtig klasse finde. Meine Eltern haben sich gewundert, dass ich auf Anhieb perfekt Rollifahren konnte. Was die nur haben, ich finde es viel einfacher als Laufen. Im Rolli kann ich - anders als in der Karre - überall hin fahren, wo es was interessantes zu sehen gibt. Kann ganz nah an die Strassenmusiker ranfahren und ihre Instrumente berühren. Ab und zu darf ich den Rolli auch mal in den Kindergarten mitnehmen, wo ich sonst ja immer laufe. Dann kann ich es den anderen auch mal so richtig zeigen, auf sie zu fahren, und ich muss keine Angst haben, angerempelt und umgerannt zu werden. Mama hat meinen Rolli vorn gut mit Schaumstoff gepolstert, denn manchmal hab ich eine Riesenlust, irgendwo gegen zu fahren. Wenn mich jemand beachten soll und es nicht tut, muss ich ihn eben anfahren. Mama schimpft dann zwar immer, aber die Leute lachen, also muss es ihnen doch gefallen. Wenigstens bekommen sie jetzt keine blauen Flecken mehr am Schienenbein. 
Schieben lasse ich mich nicht so gerne, und wenn ich mich richtig ins Zeug lege, muss meine Mama rennen, um mich einzuholen. Das macht Spass! Ich würde liebend gerne auch mal eine Treppe runterfahren, aber das darf ich nie. Was wohl passieren würde wenn...?

Mein 5. Geburtstag war toll, ich habe mich diesmal sogar über die Geschenke gefreut. All der neue Kram hat mich früher eher genervt. Kurz darauf zu Ostern ist mir was ganz tolles gelungen - mein allererstes Wort: "Mama!" (was sonst!). Ich habe mich mindestens so doll darüber gefreut wie meine Eltern. Sprechen finde ich wahnsinnig schwierig und anstrengend. Weiss auch noch nicht, ob ich es weiter ausbauen werde...

So, nun habe ich es geschafft. Bin 6 Jahre alt geworden und habe gelernt, wie ich mich ohne Hilfe hinstellen kann. Das bereitete mir ja schon vor 2 Jahren Kopfzerbrechen... Aber immer noch schwankt der Boden unter meinen Füssen oft so - jedenfalls kommt es mir so vor - dass ich draussen den Rolli bevorzuge. 
Mama hat eine neue Waschmaschine bekommen - so eine mit Guckfenster. Wenn ich aus dem Kindergarten nach hause komme, kann ich es kaum erwarten, zu ihr zu kommen. Sie hat nicht nur eine phänomenale Drehtrommel sondern auch viele leuchtende Knöpfe, mit denen ich die Trommel anhalten oder - wenn sie sich nicht mehr drehen will - wieder starten kann. Mama wird dann meist sauer, sagt, zweimal muss die Wäsche nicht gewaschen werden. Auch mag sie es nicht, wenn ich das Fleckenprogramm zuschalte. Schaden kanns doch nicht?
Seit ein paar Monaten mache ich eine Autismustherapie. Weil ich soviel Haare ziehe, meinen Kopf auf den Boden haue und vieles anders als andere sehe. Neulich war ich in einem Museum, wo es ganz viele sich drehende, bewegende, leuchtende, riechende und hörbare Sachen gab, alles durfte man anfassen. Das war klasse. Vieles davon hätte ich gern zum spielen mit nach hause genommen!

7 Jahre bin ich jetzt und ein Schulkind! Im letzten Jahr habe ich sehr viel dazugelernt, mehr als in den anderen Jahren, sagt meine Mama. Zur Kommunikation benutze ich jetzt vor allem Bildkarten. Bilderbücher, Fernsehen und vor allem Fernsehen an/ausschalten finde ich absolut spannend. Was ich am liebsten gucke? "Baby IQ" habe ich abgehakt, lange Zeit waren die "Teletubbies" meine liebsten und auch die "Jellabies" fand ich klasse... aber jetzt möchte ich fast nur noch "Pingu" sehen. Pingu kommt ganz ohne Worte aus, so wie ich! Ich habe herausgefunden, dass es besser ist, manche Sachen ganz leise und unentdeckt zu tun. Zum Beispiel das Ausräumen der Küchenschubladen. Ich suche mir darin gerne etwas Schönes zum Wedeln und finde dabei auch allerhand andere spannende Dinge, die ich besser erstmal mitnehme. Am Ende sind die Schubladen leer und der Fussboden... es sei denn, Mama bekommt es doch mal mit, weil ich zu laut klappere beim Ausräumen. Aber das ist selten. In helle Aufregung versetzen mich alle Bagger, Kräne und ähnliche Geräte – keins entgeht mir davon.

Jetzt bin ich schon 9 Jahre alt und gehe in die 3. Klasse. Ich habe inzwischen viele Lieblingsfilme: "Die Sendung mit der Maus" (davon gibt es tolle DVDs, die alle klasse sind), "Lotta" und "Pippi Langtrumpf" von Astrid Lindgren, die alte Fernsehserie "Pinocchio" und "Nulli und Priesemut". Das Wedeln ist mir nicht mehr ganz so wichtig wie früher, dafür ordne ich jetzt Sachen an, räume in der Wohnung um und aus, womit ich mir manchmal ziemlichen Ärger einhandele. Zum Beispiel, wenn ich Nachts bei Mama und Papa schlafe und finde, dass entweder Papas Kissen oder aber auch der ganze Papa aus dem Bett raus soll. Mit meiner Schwester verstehe ich mich meistens ganz toll. Richtig klasse finde ich meinen Talker, mit dem ich ganz viel erzähle.